Bevor ein edler Tropfen seinen Weg ins Glas findet, muss er zunächst eine lange Reise hinter sich bringen. Dabei durchläuft er viele Stationen, erleidet etliche Strapazen und muss seine Geduld mehrfach unter Beweis stellen. Aber wie heißt es doch so schön: Gut Ding will Weile haben.
Denn es ist noch kein Meister vom Himmel - oder vom Rebstock – gefallen. Bevor Sie Ihr Glas füllen können, steht den Trauben eine echte Berg- und Talfahrt bevor. Von den Höhen des Weinbergs geht es steil bergab, die Trauben stehen dermaßen unter Druck, dass die Stimmung letztendlich in den (Wein)keller sinkt. Doch am Ende der Reise geht es wieder bergauf.
1. Traubenlese: Hochmut kommt vor dem Fall
Wenn die Trauben sich zu voller Pracht entwickelt haben, können sie sich darauf keineswegs ausruhen. Denn sobald die Höhe ihrer Entwicklung erreicht ist, müssen sie von ihrem hohen Rebstock herunterkommen. In der Regel beginnen Winzer im Herbst mit der Traubenlese. Je nach Klima und Wetterlage verschiebt sich der Zeitpunkt. Nach einem besonders warmen Sommer beginnen Winzer schon früher damit, die reifen Trauben zu ernten. Während einige dafür Erntemaschinen einsetzen, schwören andere Winzer auf die Weinlese von Hand. Das hat den Vorteil, dass sofort eine sorgfältige Selektion stattfinden kann. Dabei wird die Ernte unterteilt in besonders hochwertige, durchschnittliche und faule oder unreife Trauben.
2. Maischen: Es muss erst schlechter werden, bevor es besser werden kann
Nach der Ernte stehen die Trauben unter enormem Druck. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn sie werden zerdrückt, damit die sogenannte Maische entsteht. Bevor diese Mischung aus Most, Beerenschalen und Traubenkernen entstehen kann, werden die Trauben meistens vom Stiel entfernt. Moderne Vollerntemaschinen erledigen das bereits während der Ernte. Alternativ kommt später ein Entrapper zum Einsatz.
Es gibt auch Rebsorten, bei denen keine Entrappung stattfinden muss. Weiße Trauben können sofort gepresst werden. Und bei manchen roten Sorten werden die Stiele erst nach einer bestimmten Zeit aus der Maische entfernt, damit die Tannine (pflanzliche Gerbstoffe) in die Maische übergehen können.
3. Fermentieren: Was lange gärt, wird endlich Wein
Nach dieser Zerreißprobe müssen die zerdrückten Trauben nun Geduld beweisen. Für die Fermentierung wird die Maische stehen gelassen, sodass sie zu gären beginnt. Es geht dabei nicht nur um die alkoholische Gärung, sondern auch um die Extraktion von Farbe und Gerbstoffen. Wie lange die Maischegärung dauern sollte, hängt von der Sorte und den gewünschten Ergebnissen ab. Einfache Rotweine gären etwa vier Tage, während schwere Rotweine schon einmal zwei bis vier Wochen auf der Maische ausdauern müssen. Durch die Maischeerhitzung lässt sich die Gärung genau steuern. Je höher die Temperatur, desto schneller geht die Gärung voran.
Übrigens: Wenn die Maische nicht stehen gelassen, sondern sofort abgepresst wird, werden deutlich weniger Farbstoffe aus den Traubenschalen extrahiert. Auf diese Weise erhält man Weißherbst oder Rosé.
4. Pressen und Filtern: Mit sich selbst ins Reine kommen
Die nächsten Schritte sind dazu da, um nach all dem Trubel wieder Klarheit zu schaffen. Die Maische wird in einer Weinpresse (Kelter) ausgepresst, sodass die festen Rückstände (Trester) vom Traubensaft getrennt werden.
Weißweine können außerdem durch verschiedene Verfahren von Trübstoffen befreit werden. Nach der Weinschönung hat man das Ziel schon klar vor Augen.
5. Hauptgärung: Eine reife Leistung
Während der Hauptgärung lagert der Wein in abgedichteten Fässern oder Metalltanks. Im Most sind bereits Zuckerhefen vorhanden, die die Gärung von selbst in Gang bringen können. Meistens werden aber Reinzuchthefen zugesetzt. Der im Most enthaltene Zucker wird zu Alkohol umgesetzt. Auch hier kann auf eine temperaturkontrollierte Gärung gesetzt werden. Denn je höher die Temperatur, desto kräftiger wird der Wein. Leichte und frische Weine sollten deshalb länger und bei niedrigeren Temperaturen gären.
Nach der ersten, alkoholischen Gärung kann es noch zur sogenannten malolaktischen Gärung kommen. Dabei wird Apfelsäure in Milchsäure zersetzt. Die verantwortlichen Milchsäurebakterien verändern damit die Säurestruktur des Weins. Die malolaktische Gärung wird auch als biologischer Säureabbau bezeichnet. Im Anschluss erfolgt der Abstich, durch den der Hefetrub vom Wein getrennt wird. Dann wird der Wein geschwefelt, um zu verhindern, dass er oxydiert. Das Schwefeln findet oft auch schon im Maischestadium statt.
6. Lagerung: Unterirdische Zustände
Kurz bevor der Wein sein endgültiges Ziel erreicht hat, geht es für ihn noch einmal ganz nach unten. Weißweine müssen in der Regel nur kurz im Weinkeller ausharren. Rotweine bleiben länger im Fass oder im Tank, bevor sie in Flaschen abgefüllt werden. Je länger der Ausbau im Keller dauert, desto kostenintensiver ist er.
Abgefüllte Flaschen bleiben meist noch in einem temperierten Raum, damit der Wein zur Ruhe kommen kann. Es gibt sogar Qualitätsstufen, für die eine gewisse Dauer der Flaschenreifung vorausgesetzt wird.
7. Weingenuss: Höhepunkt am Ende der Reise
Die Berg- und Talfahrt endet mit einem wahren Höhepunkt, nämlich dem Genuss des Weins. Wenn er nach der Dunkelheit des Kellers seinen Weg ins Glas findet, ist das ein echter Lichtblick. Der Wein kann atmen und ist endlich bereit für den Verzehr.
Auf diesen Zeitpunkt müssen einfache Weine nicht sehr lange warten. Sie sollen in der Regel schnell getrunken werden. Hochwertige Weine müssen sich hingegen gedulden. Sie werden länger gelagert, weil sich dadurch Qualität und Geschmack verbessern. Das kann zum Beispiel bei säurebetonten Weißweinen oder ausdrucksstarken Rotweinen der Fall sein. Es kommt unter anderem auf die Rebsorten, den Jahrgang und die Qualität der Weinherstellung an, wie hoch das Alterungspotenzial ist.
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