Wird eine Ernte als „ertragreich“ bezeichnet, kann man für gewöhnlich davon ausgehen, dass sie positiv verlaufen ist. Allerdings trifft das für den Weinbau nicht immer zu. Denn je höher die Ertragsmenge, desto niedriger meist die Qualität.
Winzer haben sich lange Zeit darum bemüht, Höchstmengen auf ihren Rebflächen zu produzieren. Das Wachstum wurde mit Kunstdünger und anderen Hilfsmitteln angetrieben, sodass möglichst viele Trauben geerntet werden konnten. Doch heutzutage lautet die Devise: Weniger ist manchmal mehr. Winzer arbeiten nicht mehr dafür, dass ihre Rebstöcke viele Trauben tragen. Ganz im Gegenteil. Oft werden die Reben so bearbeitet und kultiviert, dass nur wenige Weintrauben an ihnen wachsen.
Zu viel Ertrag schadet der Qualität
Trägt ein Rebstock zu viele Trauben, wirkt sich das unmittelbar auf ihre Qualität aus. Der Rebstock ist dann nicht mehr in der Lage, alle Weintrauben gleichmäßig zu versorgen. Einige entwickeln sich deshalb schlechter als andere. Sie enthalten weniger Zucker, Farbstoffe und Aromen. Oft sind sie zum Zeitpunkt der Ernte auch noch gar nicht reif.
Sinkt die Qualität der Trauben, müssen Winzer dies beim Ausbau des Weins kompensieren. Die nachträgliche Zugabe von Zucker oder anderen Inhaltsstoffen soll den Qualitätsverlust dann ausgleichen. Wachsen jedoch von Anfang an nur wenige Trauben am Rebstock, erhalten diese eine bessere Versorgung und es können Weine mit mehr Dichte und Konzentration hergestellt werden.
Wie viele Trauben braucht man für eine Flasche Wein?
Ganz allgemein gesprochen ergeben 100 Kilogramm Trauben bei normaler Reife ungefähr 55 bis 75 Liter Most. Pro Weinfalsche à 0,75 Liter benötigt man also 1 bis 1,5 Kilogramm Trauben. Ein Rebstock für ertragsreduzierten Qualitätswein ergibt im groben Durchschnitt etwa 1,5 bis 2,5 Kilogramm Weintrauben.
Zu beachten ist allerdings, dass der Ertrag pro Rebstock und die Traubenmenge pro Flasche Wein deutlich schwanken können. Bei den hier gemachten Angaben handelt es sich um Durchschnittswerte, die stark abweichen können. Bodenverhältnisse, Temperaturen, Witterung und auch die Arbeit des Winzers wirken sich maßgeblich darauf aus. Außerdem spielt das angestrebte Endprodukt eine Rolle. In der Massenproduktion tragen die Rebstöcke deutlich mehr Trauben, bei Beerenauslesen, Trockenbeerenauslesen und Eiswein deutlich weniger.
Ertragsgrenzen gesetzlich geregelt
Fest steht, dass Winzer oft einen bestimmten Ertrag nicht überschreiten dürfen. Besonders für Weine, die eine Qualitäts- oder Ursprungsbezeichnung erhalten sollen, gelten bestimmte Ertragshöchstmengen. Diese werden in hl/ha, also in Hektoliter pro Hektar, angegeben. Ein Hektoliter sind 100 Liter. Je nach Region und Land sind die genauen Vorgaben unterschiedlich.
In Deutschland liegen die Ertragshöchstgrenzen meist zwischen 80 und 100 hl/ha. In einigen Regionen bewegen sie sich sogar bei 150 oder 200 hl/ha.
In vielen europäischen Ländern gelten deutlich geringere Höchstgrenzen. In der Champagne in Frankreich beträgt der Maximalertrag zum Beispiel 65 hl/ha, genau wie in Chianti in Italien. Die spanische Weinregion Rioja erlaubt 60 Hektoliter pro Hektar.
Übermengen dürfen nicht verkauft werden
Laut aktuellem Weinrecht dürfen Mengen, die darüber hinaus produziert werden, nicht in Verkehr gebracht, also nicht an andere weitergegeben werden. In einigen Anbaugebieten ist es möglich, die erhöhte Menge zu überlagern (also über das Erntejahr hinaus zu lagern), solange sie den Höchstertrag nicht um mehr als 20 Prozent übersteigt. In diesem Fall darf die Übermenge
- im eigenen Betrieb zur Weinherstellung verwendet werden,
- im eigenen Betrieb zur Sektherstellung verwendet werden,
- destilliert werden oder
- im eigenen Betrieb zur Herstellung von Traubensaft verwendet oder zur Herstellung von Traubensaft an andere abgegeben werden.
In anderen Weinregionen Deutschlands ist dies hingegen nicht möglich. Hier sind Betriebe gezwungen, alle Übermengen „bis zum 15. Dezember des auf die Ernte folgenden Jahres ohne die Gewährung jeglicher öffentlicher Beihilfen oder Prämien zwangszudestillieren.“
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