Trinkreife von Wein: Wie lange muss Wein reifen?

Wann ist der ideale Zeitpunkt, um eine Weinflasche zu öffnen? Diese Frage ist eigentlich ganz einfach zu beantworten: Dann, wenn der Wein am besten schmeckt! Dieser Zeitpunkt ist erreicht, wenn der Wein seinen aromatischen und geschmacklichen Höhepunkt nach hinreichender Lagerung erreicht hat. Fachleute sprechen dabei von der sogenannten Trinkreife. Doch wovon hängt die Trinkreife ab? Und woran kann man erkennen, ob ein Wein trinkreif ist? Diesen Fragen wollen wir gemeinsam nachgehen.

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Rotwein und Weißwein mit Weintrauben
© Photo-Mix/pixabay.com

Das Erreichen der Trinkreife eines Weins hängt von seinen wertgebenden Inhaltsstoffen wie der Säure, den Tanninen, dem Zucker oder auch dem Alkoholgehalt ab. Das Zusammenspiel dieser Komponenten beeinflusst die Reifung und die Lagerfähigkeit. Vorab ist jedoch zu sagen, dass die mit Abstand meisten Weine bereits bei Verkauf trinkreif sind, sodass der Verbraucher keine Scheu vor dem Öffnen einer Flasche haben sollte.

Ursache und Wirkung

Weine unterliegen einer natürlichen Alterung. Diese wird durch Faktoren wie eingetragener Sauerstoff, die Lagertemperatur oder den Lichteinfall auf die gelagerte Flasche beeinflusst. Während dieser Alterung verändern sich durch solche Einflüsse Geschmack und Aroma eines jeden Weins. Ob die Effekte positiv oder negativ ausfallen, hängt vom Wein selbst ab.

Aufgabe des Winzers ist es nun, nach der Gärung während der Reifung im Keller den Zeitpunkt abzupassen, an dem der Wein die idealen geschmacklichen und aromatischen Eigenschaften in ausgewogener Harmonie besitzt – eine wahre Kunst! Ist der Augenblick gekommen, füllt der Winzer den Wein ab und liefert ihn aus. In der abgefüllten Flasche verändern sich die Eigenschaften des Weins jedoch weiter, bis Geschmack und Aroma schließlich beginnen abzuflachen. Im weiteren Verlauf der Lagerung kann es sogar zu gravierenden, negativen Entwicklungen kommen, sodass Weine in der Folge sogar ungenießbar werden.

Trinkreife – eine messbare Größe?

Alkohol- und Zuckergehalt oder auch die Säure können vom Winzer oder einem entsprechenden Labor mit vergleichsweise geringem Aufwand analytisch sehr genau bestimmt werden. Doch gilt dies auch für die Trinkreife? Kann diese auch mit einem Analysegerät bestimmt werden? Diese Frage ist klar zu verneinen!

Der Winzer ermittelt die Trinkreife vorrangig durch sensorische Untersuchungen. Dabei riecht, schmeckt, schaut, fühlt oder hört er und beurteilt aufgrund seiner Ausbildung und seiner Erfahrung, ob der richtige Zeitpunkt für die Abfüllung gekommen ist. Und wann dieser Augenblick gekommen ist, hängt neben der Lagerdauer auch von der Rebsorte, den Wetter- und Bodenverhältnissen im Weinberg oder der Kellertechnik ab. Aber auch der Verkoster spielt eine entscheidende Rolle. Schließlich hat ein jeder besondere Vorlieben und Trinkgewohnheiten und beurteilt daher den Zeitpunkt der Trinkreife ganz individuell.



Haben alle Weine ihre Trinkreife nach einer definierten Zeit erreicht?

Bei der benötigten Zeit bis zum Erreichen der Trinkreife gibt es gravierende Unterschiede. Unter den Weinen gibt es schließlich solche und solche: Manch fruchtiger Roséwein erreicht den Höhepunkt seines Aromas und seines Geschmacks bereits zeitig nach der Gärung. Diese Weine zeichnen sich durch eine wohlige Frische mit sommerlichen Fruchtnoten und einen niedrigen Tannin-Gehalt aus. Leider flachen Aroma und Geschmack hier auch schnell wieder ab, sodass diese Weine keine lange Lagerfähigkeit aufweisen und rasch verzehrt werden sollten.

Bei schweren Rotweinen sind die Verhältnisse hinsichtlich der Trinkreife hingegen oft umgekehrt. Eine Ursache liegt dabei in der Herstellung. Die roten Trauben werden nach der Lese gepresst. Die ausgepressten Beeren verbleiben bei diesem Herstellungsverfahren jedoch während der Gärung – anders als beim Weißwein – im Traubenmost. Dadurch geht ein Teil der Tannine zusammen mit anderen farbgebenden Stoffen, die sich vorwiegend in den Beerenschalen befinden, in den Most über und sorgt so für einen vergleichsweise hohen Tanningehalt im fertigen Wein. Solch tanninreiche, dunkle und schwere Rotweine sind als Jungwein meist noch ungenießbar. Sie fühlen sich pelzig auf der Zunge an und sind stark adstringierend. Der Bordeaux ist ein Paradebeispiel für einen solchen Wein. Durch die Veränderungen während der Lagerung – insbesondere bei einer Holzfasslagerung – wird der Wein allmählich genießbar und entwickelt sich hin zu einer wahren Delikatesse. Die Trinkreife ist hier normalerweise erst nach fünf bis zehn Jahren erreicht und kann sich in der abgefüllten Flasche noch über Jahre hinweg weiterentwickeln.

Die Firne

Im Zusammenhang mit der Weinreife verwenden Weinkenner oft den Begriff Firne. Doch was ist darunter zu verstehen?

Die Firne setzt ein, wenn der geschmackliche und aromatische Zenit eines Weins überschritten ist und erste (unangenehme) Alterungserscheinungen zutage treten. Sie beginnt oft recht zeitnah nach Erreichen des Reifehöhepunkts. Offenkundig wird dies durch eine intensivere und dunklere Farbe des Weins und erste negative Entwicklungen im Aromen-Profil. Insbesondere bei lagerfähigen, langsam reifenden Weinen kann eine leichte Firne hingegen sogar positiven Einfluss auf das Aroma mitbringen.

Bestimmung der Trinkreife

Natürlich bestimmen die Kellermeister die Trinkreife ihrer Weine – wie vorstehend bereits erläutert – sensorisch auf Grundlage ihrer oft langjährigen Erfahrung. Doch auch der fachkundige Laie kann sich an einer solchen Bestimmung unter Zuhilfenahme einiger Tipps und Tricks versuchen. Am einfachsten ist hier zunächst ein kleines Experiment. Bekanntermaßen haben Sauerstoff, Temperatur und Licht großen Einfluss auf die Alterung. So kann der Wein geöffnet und bei Bedarf in eine Karaffe umgefüllt werden. Führt man nun Geschmackstests zu Beginn und nach definierten Zeitintervallen durch, wird man feststellen, dass sich die Eigenschaften des untersuchten Weins über die Zeit verändern. Natürlich kann man neben dem Sauerstoffeinfluss durch die Umgebungsluft auch noch den Einfluss des Lichts durch eine helle und vergleichende dunkle Lagerung bestimmen. Des Weiteren kann man den Wein bei Raumtemperatur stehen lassen und eine Vergleichsprobe kühl im Keller lagern. Manche Weine sind bei diesen Verfahrensweisen nach ein bis zwei Tagen noch genießbar und lassen damit auf eine gute Lagerfähigkeit schließen. Andere Weine schlagen jedoch schon nach wenigen Stunden um. Auf diese Weise kann man mit einfachsten Mitteln feststellen, ob der verkostete Wein eine gute Lagerfähigkeit hat oder nicht.


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