Weinbau in der Schweiz: 8 besondere Rebsorten

Klassiker wie Chardonnay, Grauburgunder oder Merlot sind in der Schweiz keine Unbekannten. Doch der Weinbau in der Schweiz hat viel mehr zu bieten. Die Alpennation bringt einige önologische Besonderheiten hervor. Denn hier wachsen Rebsorten, von denen viele Weinliebhaber vielleicht noch nie gehört haben.

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Genussvoller Weißwein und Käse vor einem Bergpanorama
© barmalini/www.shutterstock.com

Der Weinbau in der Schweiz steht natürlich unter dem Einfluss der beiden wohl bekanntesten Weinbaunationen Europas – wenn nicht sogar der Welt: Im Süden grenzt Italien an die Kantone Wallis, Tessin und Graubünden, im Westen Frankreich an die Kantone Wallis, Genf und Waadt. Der Weinbau in den Kantonen Zürich, Schaffhausen, Aargau und Luzern im nördlichen Teil der Schweiz ist unmittelbar angrenzend an Baden und lässt somit auch deutsche Einflüsse erkennen.

In der Schweiz wird aktuell auf ca. 14.700 ha Wein angebaut, wobei der Anteil roter Rebsorten leicht überwiegt. Zum Vergleich liegt die Rebfläche in Deutschland bei ca. 103.000 ha. Der Weinbau in der Schweiz wird durch kleine Parzellen in meist steilen Hanglagen mit teils eingeschränkter Zugänglichkeit erschwert, wodurch die produzierten Weine als vergleichsweise hochpreisig gelten. Dies und die hohe Nachfrage im eigenen Land führen dazu, dass die produzierten Mengen fast ausschließlich in der Schweiz verzehrt werden. Nur ein Bruchteil ist für den Export bestimmt.

Qualitätskategorien wurden in der Schweiz erstmals im Jahr 1988 im Kanton Genf eingeführt und werden mittlerweile in allen für den Weinbau relevanten Kantonen vergeben. Die Schweiz orientiert sich dabei unter dem Begriff Appellation d’Origine Contrôlée (AOC) an den französischen Qualitätsmaßstäben für Lebensmittel, die sich auf die kontrollierte Herkunft beziehen. Im Folgenden stellen wir besondere rote und weiße Rebsorten mit ihren charakterlichen Besonderheiten im Detail vor.

Überblick: Rebsorten in der Schweiz

RebsorteFarbeWird u.a. angebaut in...
ChasselasWeißWallis
Petite ArvineWeißWallis
SavagninWeißWallis
ViognierWeißGenf
GamayRotWallis, Waadt, Genf
GamaretRotGenf, Wallis
GaranoirRotWaadt, Genf
Humagne RougeRotWallis, Waadt

Chasselas

Die weiße Rebsorte Chasselas – benannt nach einem Dorf in der französischen Region Burgund – ist die bedeutendste Rebe der Schweiz und nimmt derzeit mit knapp 4.000 Hektar die größte Anbaufläche ein. In anderen Ländern ist sie auch unter dem Namen Gutedel bekannt. Im Kanton Wallis wird diese Sorte Fendant genannt.

Die Herkunft der Rebsorte konnte bis heute nicht abschließend geklärt werden, einige Quellen gehen jedoch von Ägypten als historischem Ursprung des Gutedels aus. Im 15. Jahrhundert kam die Rebsorte nach Europa, wo heute die bedeutendsten Anbaugebiete in der Schweiz und in Deutschland (Baden) liegen. Der Rebstock benötigt fruchtbare, tiefgründige und nicht zu trockene Lehm- oder Kalkböden. Die Rebsorte gilt als frühreifend, in der Schweiz beginnt die Lese meist Mitte September. Die mit Spannung erwartete Lese gibt den Winzern erste Hinweise auf Qualität und Verlauf der folgenden Sorten.

Aufgrund der frühen Reife und der guten Qualität wurde Chasselas schon mehrfach als Kreuzungspartner eingesetzt. Ergebnisse waren zum Beispiel die Huxelrebe oder der Noblin. Neben dem Einsatz zur Weinherstellung wird Chasselas auch oft als Tafeltraube gereicht. In der Weinherstellung wird der Wein meist zu leichten, süffigen und frisch fruchtbetonten, trockenen Weißweinen ausgebaut. Aufgrund des geringen Säuregehalts besitzen die Weine ein geringes Alterungspotenzial und sind daher zum Verzehr in den ersten Jahren nach der Ernte geeignet.

Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Chasselas
Infografik zur Rebsorte Chasselas
Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Chasselas
Infografik zur Rebsorte Chasselas

Petite Arvine

Petite Arvine – auch kurz Arvine genannt – ist eine alte Weißweinsorte, die fast ausschließlich im Kanton Wallis und der angrenzenden italienischen Region Aostatal angebaut wird. Die dortigen sonnigen und windgeschützten Steillagen erfüllen die hohen Ansprüche für den Anbau des Petite Arvine. Nicht selten erreichen die Weinhänge Neigungen bis zu 55 Grad, was den Einsatz von Erntemaschinen nahezu unmöglich macht. Hier ist die Lese noch echte Handarbeit.

Weine aus der Rebsorte Petite Arvine präsentieren sich in hellgelber Farbe. Sie bestechen mit milder Säure und Armen nach Rhabarber, Limette, Ananas und Pampelmuse.

Eine Besonderheit der Sorte ist der vergleichsweise lange Vegetationszyklus aufgrund des frühen Austriebs im Frühjahr und der späten Lese im Herbst. Die Schwierigkeiten im Anbau und bei der Lese treiben die Preise in die Höhe. Da der Petite Arvine auch unter den Schweizern als erlesene Besonderheit gilt, ist er außerhalb der Schweiz nur schwer zu bekommen.

Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Petite Arvine
Infografik zur Rebsorte Petite Arvine
Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Petite Arvine
Infografik zur Rebsorte Petite Arvine

Savagnin

Savagnin oder auch Savagnin blanc ist eine Weißweinsorte, die heute vor allem noch im französischen Jura und der Schweiz kultiviert wird. Die Sorte ist eng verwandt mit dem Traminer, der vor allem in Österreich, dem Elsass und Deutschland verbreitet ist. In der Schweiz ist die Rebsorte auch unter den Namen Paien oder Heida bekannt. Als Heida wird der AOC-zertifizierte Weißwein bezeichnet, der aus dem Wallis stammt und dort beispielweise auf dem höchstgelegenen Weinberg nördlich des Alpenhauptkammes angebaut wird. Eine Höhe von 1.150 m ü. NN. gilt dabei als rekordverdächtig. Die Besonderheiten der Lage und die vergleichsweise geringen Erträge sind Grund für einen hohen Endpreis der erzeugten Weine, die durch die mögliche lange Lagerung von bis zu dreißig Jahren auf der Flasche abermals gesteigert werden können.

Weine aus der Rebsorte Savagnin kommen goldgelb bis strohgelb daher. Typisch sind zum Beispiel Aromen nach Nuss, Vanille, Honig oder Zitrusfrüchten. Die Weine sind deshalb gute Begleiter zu Geflügel oder Krustentieren.

Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Savagnin
Infografik zur Rebsorte Savagin
Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Savagnin
Infografik zur Rebsorte Savagin

Viognier

Die Heimat der weißen Rebsorte Viognier liegt in Frankreich im nördlichen Rhônetal. In der Schweiz wird die Sorte vor allem in der Region rund um Genf angebaut. Aber auch international erfreut sich die Sorte steigender Beliebtheit. So wird sie auch in Ländern wie den USA, Australien oder Südafrika kultiviert.

Die Viognierrebe erbringt meist schwächere Erträge und ist anfällig für den Echten Mehltau, was den Endpreis oft in die Höhe schnellen lässt. Das intensive Aroma nach Aprikose und Pfirsich wird von blumigen Noten umrahmt, welche zu einem jungen Genuss des Weines einladen. Eine Lagerung auf der Flasche von mehr als fünf Jahren wird nicht empfohlen, da die intensiven fruchtigen Noten in der Folge weniger ausgewogen sein können.

Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Viognier
Infografik zur Rebsorte Viognier
Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Viognier
Infografik zur Rebsorte Viognier

Gamay

Die rote Rebsorte Gamay fühlt sich besonders auf kalk- und schieferhaltigen Granitböden wohl. In der Schweiz wird sie daher vor allem in den Kantonen Wallis, Waadt und Genf kultiviert und gilt nach dem Blauen Burgunder als zweitwichtigste Rotweinsorte des Landes. International bekannt geworden ist die Rebsorte jedoch vor allem durch den Anbau im Beaujolais – einer berühmten Weinbauregion im Norden von Lyon in Frankreich – wo sie über 90 % der gesamten Anbaufläche ausmacht.

Im Schweizer Kanton Genf wird die Rebe gern sortenrein unter der Bezeichnung AOC Gamay de Genève verarbeitet. Die fruchtigen, frischen Rotweine sind meist sehr hell und können schnell mit einem Rosé verwechselt werden. Grund ist das helle Fruchtfleisch der Beeren. Die Rebe ist bei der Wahl der Lage nicht zu anspruchsvoll. Die Weine sollten jung getrunken werden, da sie bei längerer Lagerung leicht sauer werden können.

Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Gamay
Infografik zur Rebsorte Gamay
Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Gamay
Infografik zur Rebsorte Gamay

Gamaret

Gamaret ist eine Rotweinsorte, die im Jahr 1970 von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Pflanzenbau in Pully im Kanton Waadt gezüchtet wurde. Sie ist eine Kreuzung der Sorten Gamay und Reichensteiner und erhielt 1991 nach ausführlichen Testreihen die Eintragung in die Schweizer Sortenliste. Die Züchtung überzeugt durch eine frühe Reife und gute Resistenzen gegen Blauschimmelfäule. Sie wird vorwiegend in der Schweiz kultiviert und nimmt dort aktuell über 400 Hektar der Rebfläche ein.

Der dunkelrote Wein überzeugt durch eine gute Lagerfähigkeit. Der Alkoholgehalt kann bis zu 13,5 Vol.-% erreichen. Das würzige, fast orientalisch anmutende Aromenprofil kommt besonders zum Tragen, wenn der Wein vor dem Genuss eine ausreichende Zeit atmen konnte. Aromen von Pflaume, Muskatnuss, Datteln, roten Beeren und Honigmelone sind typisch für den Gamaret.

Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Gamaret
Infografik zur Rebsorte Gamaret
Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Gamaret
Infografik zur Rebsorte Gamaret

Garanoir

Die rote Rebsorte Garanoir entstand im Jahr 1970 zusammen mit dem Gamaret aus einer Kreuzung der roten Sorte Gamay und der weißen Sorte Reichensteiner an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Pflanzenbau in Pully. Die Sorte überzeugt bei hohen Qualitäten durch eine frühe Reife. Sie ist wenig anfällig für Pilzbefall und Fäulnis. In der Schweiz liegt die derzeitige Anbaufläche bei etwas über 200 Hektar – Tendenz steigend. Anbauflächen in geringem Umfang sind auch in der deutschen Weinbauregion Württemberg zu finden.

Die Weine sind überraschend mild und weich. Die fruchtigen und würzigen Noten bringen die nötige Komplexität mit sich. Aromen nach roten Beeren, Pfeffer, Veilchen und Nelken sind typisch für den Garanoir. Der eher niedrige Säuregehalt zusammen mit den weichen Tanninen machen den Garanoir außerordentlich bekömmlich.

Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Garanoir
Infografik zur Rebsorte Garanoir
Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Garanoir
Infografik zur Rebsorte Garanoir

Humagne Rouge

Die Rebsorte Humagne Rouge wurde früher auch als Höllenwein bezeichnet. Sie wächst auf den kalkreichen Böden der Kantone Wallis und Waadt und im angrenzenden Aostatal, das zu Italien zählt. Der Name dieser italienischen Region findet sich auch im oft verwendeten Synonym Cornalin d’Aoste wieder. Erst durch ausführliche DNA-Untersuchungen konnte Ende der 1990er Jahre wissenschaftlich belegt werden, dass die bis dahin als eigenständig geltenden Rebsorten Humagne Rouge und Cornalin d’Aoste in Gänze identisch sind. Die Sorte stammt aus einer natürlichen Kreuzung der Rebsorte Rouge du Pays und einer bisher noch nicht bekannten weiteren Rebsorte, die heute vermutlich ausgestorben ist.

Die Traube ist spätreifend, weshalb sie meist erst zum Ende der Weinlese geerntet werden kann. Die Weine gelten als tanninreich. Grund dafür ist die dicke Haut der Beeren. Eine Besonderheit sind die meist holzig anmutenden Noten in Geruch und Geschmack, die neben den fruchtigen Aromen zum Tragen kommen. Diese sind nicht auf einen Ausbau im Barrique zurückzuführen, sondern als natürliche Aromakomponente Teil der Rebsorte Humagne Rouge. Die holzigen Noten können natürlich vom Winzer durch einen Ausbau im Barrique unterstützt werden.

Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Humagne Rouge
Infografik zur Rebsorte Humagne Rouge
Farbe, Aromen, Säure, Anbaugebiete Rebsorte Humagne Rouge
Infografik zur Rebsorte Humagne Rouge

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