In früheren Kulturen war es Frauen oft verboten, Wein zu trinken. Im alten Rom soll darauf sogar die Todesstrafe gestanden haben. Weiblichkeit hatte in der damaligen Weinwelt allenfalls in der Religion und Mythologie eine Rolle zu spielen. Oft waren es weibliche Gottheiten, die für Fruchtbarkeit und Ernte standen.
Erst im Laufe der Jahrhunderte und mit dem Durchbrechen patriarchalischer Strukturen konnten sich Frauen in der Männerdomäne durchsetzen und zum Teil beeindruckende Leistungen erbringen. So haben wir es zum Beispiel Frauen zu verdanken, dass es Champagner auch trocken oder als Rosé gibt. Heute tummeln sich viele beeindruckende Frauen in der Weinbranche: Als Winzerinnen, Unternehmerinnen, Weinkritikerinnen und Sommelière bestimmen sie die heutige Weinwelt mit und setzen weitere Grundsteine für die nächsten weiblichen Generationen, die ihren Platz in einer von Männern dominierten Branche einnehmen werden.
Göttinnen des Weins
Im alten Rom waren es zwei Göttinnen und ein Gott, die die Trias der Fruchtbarkeit und des Weins bildeten: Ceres, Liber und Libera. In Mesopotamien war Geštinanna (sumerisch) die Göttin „der himmlischen Weinreben“. Die Ägypter huldigten Renenutet, der Ammengöttin. Ihre Macht galt auch dem Schicksal, der Nahrung und des Todes. Als „Herrin des Fruchtlandes“ und „Herrin des Erntesegens“ wurde sie ebenso verehrt. Hebe, Tochter von Hera und Zeus, war die Göttin der Jugend. In der griechischen Mythologie wurde sie häufig als Mundschenk – im Mittelalter ein Hofbediensteter, der für die Versorgung mit Getränken (vor allem mit Wein) zuständig war – dargestellt. Auf Vasenbildern reicht sie den Göttern Nektar und Ambrosia. Mit etwas Fantasie könnte man ihre Funktion als Sommelière in der griechischen Antike interpretieren.
Berühmte Frauen in der Weinwelt
Eines kann vorab erwähnt werden: Selbst wenn es für Frauen noch lange Zeit schwer war und ist, sich in einer Männerdomäne, dem Weinanbau, durchzusetzen, gibt es einige bahnbrechende Errungenschaften, die auf Frauen des 19. Jahrhunderts zurückzuführen sind.
Die legendären Witwen
Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin war gerade einmal 27 Jahre alt und Mutter einer siebenjährigen Tochter, als sie 1805 als erste Frau ein Schaumweingut führte. Die Witwe (franz.: Veuve) entschied sich, nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes und entgegen dem Willen ihrer Familie, das Weingut weiterzuführen – zu einer Zeit als es für Frauen verboten war ein Unternehmen zu gründen. Ausgenommen sie waren verwitwet.
Unter der Feder von Barbe-Nicole entwickelte sich Veuve-Clicquot zu einer Erfolgsgeschichte der Superlative. Sie erfand nicht nur den ersten Rosé-Champagner, sondern entwickelte auch ein Verfahren, um Hefereste aus der Flasche zu entfernen. Dies war zuvor nicht gelungen, ohne dass Kohlensäure verlorenging. Mit dem neuen Rüttelverfahren gelang der erste große Durchbruch. Dem mechanischen Rütteln der Flaschen zum Dank, konnte die abgestorbene Hefe vom Bodensatz über den Flaschenhals abgelöst werden und das Ergebnis war perlender, klarer Schaumwein. Die nunmehr elegante Optik verhalf dem Perlwein zu neuem Antlitz. Das noble Luxusgetränk wurde zum Exportschlager in Russland und auch auf allen Herrschaftshöfen in Europa serviert. Die im Maison Clicquot erfundene Methode wird bis heute angewandt.
1822 gründete die Grande Dame de Champagne sogar ein eigenes Geldinstitut: die Bank Veuve Clicquot Ponsardin & Cie. Die Expansionspolitik des Unternehmens konnte dadurch weiter vorangetrieben werden und die Absatzmengen vervielfachten sich etwa um das 7-fache. Außerdem gelang der geschäftstüchtigen Barbe-Nicole ein weiterer Meilenstein. Sie war die Erste, die rote (Pinot Noir und Meunier) und weiße (Chardonnay) Trauben mischte. An dem Herstellungsverfahren hat sich bis heute nichts geändert. Selbst das orange Etikett, das einst eine Art Markenschutz für die Auslieferung nach Übersee war, ist bis heute erhalten.
Ihr zu Ehren wurde in den Siebzigern der "Prix Veuve Clicquot" ins Leben gerufen. Für diese Auszeichnung werden geschäftstüchtige Frauen nominiert, die mit Elan, Mut und Innovationsgeist unternehmerisch tätig sind. Der Veuve Business Woman Award (BWA) wurde 1984 erstmals in Deutschland verliehen. Die Prämierung ist heutzutage eine hochkarätige Institution und steht in enger Verbindung mit sozialem Engagement und Nachhaltigkeit.
Jeanne-Alexandrine Louise Pommery: Ihre Pionierrolle ist der Champagner "Brut". Als sie im Jahr 1860 die Geschäftsführung von Pommery & Greno übernimmt, richtet sie das Unternehmen vollständig auf die Champagnerproduktion aus. Während das ursprüngliche Kerngeschäft noch der Handel mit Wolle war, konzentrierte sie sich auf den Weinexport nach Großbritannien. Louise Pommery wusste um die Vorliebe der Engländer für herben Geschmack. Obwohl zu dieser Zeit liebliche Schaumweine mit bis 100 g Zucker dosiert wurden, wagte sie den Schritt hin zu trockenen Weinen. Außerdem nutzte sie die alten Felsengewölbe der römischen Soldaten für die Lagerung der Champagnerflaschen. Damit war sie ebenfalls eine der Ersten.
Mathilde-Émilie Perrier: Als der Kellermeister Eugène Laurent 1887 vorzeitig stirbt, übernimmt Madame Perrier die Leitung des Hauses. Die Witwe verbindet ihren Mädchennamen mit dem ihres Gatten und gründet die Marke Veuve Laurent-Perrier. 1889, just im selben Jahr als der Eiffelturm fertig gestellt wurde, brachte das Unternehmen den ersten "Grand Vin sans sucre" auf den Markt und feierte einen großen Erfolg, vor allem bei der britischen Kundschaft.
Die Erfolgsgeschichte der Witwen in der Champagene setzte sich auch im darauffolgenden Jahrhundert fort. Lily Bollinger übernahm 1941 die Geschäfte des Champagnerhauses (nachdem ihr Mann verstarb). Sie kaufte weitere Weingüter zu und vergrößerte das Unternehmen stetig. Später bekam der Edeltrunk auch eine Rolle in der berühmten James-Bond-Serie. Der Geheimagent 007 – gespielt von Roger Moore – bestellte eine Flasche Bollinger in sein Hotelzimmer. Nicht geschüttelt! Ein großartiger PR-Coup für das Weingut. Auch Lilly Bollinger galt als sehr raffiniert, hinsichtlich ihrer Marketing-Aktivitäten. Ihre kecken Sprüche werden bis heute gerne zitiert.
Die Powerfrauen im Wein-Business stammen nicht nur aus Frankreich
Sie schreibt Weinkritiken für die Financial Times, ist Herausgeberin des Oxford Companion to Wein (dt. „Oxford Weinlexikon“) und publizierte zusammen mit Hugh Johnson „The World Atlas of Wine“ und weitere Standardwerke in der Weinliteratur. Die Britin Jancis Robinson (* 22. April 1950) ist eine international renommierte Weinkritikerin und seit 2004 – ernannt durch Queen Elisabeth – Mitglied des königlichen Weinkomitees. Außerdem ist sie die erste Person, die weder Weinbau noch -Handel betreibt und 1984 den Titel "Master of Wine" erhält.
Die Südtirolerin Elisabetta Foradori volontierte in jungen Jahren in Frankreich und lernte dort Techniken, die sie später im eigenen Weinberg anwendete. Nach dem Tod ihres Vaters übernahm sie 1985 das Weingut und wagte Neues. Sie erkannte das unterschätzte Potential der Teroldego-Traube und führte ein neues Erziehungssystem im Weingarten ein – zum blanken Entsetzten ihrer Winzerkollegen. Statt dem traditionellen Pergola-Anbau in Trentino, stellte sie auf die senkrecht wachsende Reberziehung um. Die Folge war eine Erntereduktion, etwa um zwei Drittel der üblichen Menge. Granato ist die Neuinterpretation einer fast vergessenen Rebsorte und zählt heute zur Spitzenriege italienischer Rotweine.
Frauen in der Neuen Welt der Weine
Ntsiki Biyela war die erste schwarze Frau, die in Südafrika eine Stelle als Winemaker bekam. 2004 begann sie für das Weingut Stellekaya zu arbeiten und nur ein Jahr später wurde sie zur Kellermeisterin befördert. Mit viel Talent und großer Leidenschaft brachte sie Rotweine hervor, für die sie international Auszeichnungen erhielt.
Bemerkenswerterweise sei ihr Zugang zur Thematik eher ein glücklicher Zufall als ihre volle Absicht gewesen. Denn ihr erstes Glas Wein habe sie getrunken, als sie schon über 20 Jahre alt war. Sie sei noch nicht einmal besonders verzaubert von der ersten Gaumenbegegnung gewesen. Allerdings habe sie sich für Landwirtschaft interessiert und von der nationalen Fluggesellschaft South African Airways ein Stipendium für die Fachrichtung Weinbau und Önologie erhalten. Nach 12 Jahren am Weingut erfüllte sie sich laut Bericht einen weiteren Traum und legte ihre eigene Weinmarke auf. Aslina – so der Name des Labels – heiße ihre Großmutter, der sie damit auch danken möchte.
Keine Quoten-Winzerinnen
Natalie Lumpp, prominenteste deutsche Sommelière und Wein-Autorin, behauptet, dass Frauen im Wein-Business auf dem Vormarsch sind. In einer ursprünglich männlich dominierten Branche hätten Frauen in den letzten 10 Jahren die Aufholjagd geschafft. Manch einer versuche es zu begründen: Frauen wären feinfühliger, hätten besser ausgeprägte Geruchs- und Geschmackssinne und wären gewissenhafter. All jene Attribute würden dabei helfen Spitzenweine hervorzubringen. Befragt man die erfolgreichen (Jung-)Winzerinnen des Landes selbst – Töchter, die den Betrieb übernommen haben, oder auch Quereinsteigerinnen – stellt sich breiter Konsens ein:
Für die Winzerinnen und Önologinnen sei es einerlei, welche Fähigkeiten als weiblich gelten und wie Männer einst über das Können der Frauen im Weinbau urteilten. Es ginge auch nicht darum, besser als die männlichen Kollegen zu sein, sondern schlichtweg darum, den eigenen Weg mit sehr viel Leidenschaft und Herzblut zu beschreiten.
Auf internationaler Bühne
Mit der Winzerin Eva Fricke konnte sich Ende 2022 bei den internationalen Women in Wine and Spirits Awards (WINWSA) in Hongkong erstmalig eine deutsche Frau unter den vier Finalisten in der Kategorie Winemaker behaupten. Diese Verleihung ist die erste ihrer Art, bei der Frauen ausgezeichnet werden, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Wein- und Spirituosenbranche genommen haben.
Fricke selbst ist Eigentümerin ihres eigenen Weinguts in Eltville am Rhein und kann seit der Gründung ihrer Vinothek 2013 bereits auf zahlreiche Erfolge zurückblicken. So wurde sie unter anderem von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im November 2015 zur "Winzer-Aufsteigerin des Jahres" gekürt.
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