Der Weinbau ist wie kaum ein anderer Zweig der Landwirtschaft von der Witterung im Laufe eines Jahres abhängig. Ungewöhnliche Witterungsereignisse wie später Frost im Frühjahr oder lange Dürreperioden über den Sommer haben Einfluss auf das Wachstum der Reben und die nach der Lese erzeugten Qualitäten. Das Klima einer Region ist sogar ausschlaggebend für die Wahl der von den Winzern angebauten Rebsorten. Welche Folgen hat also der Klimawandel für den Weinbau in Europa und in Deutschland?
Weinbau in Europa – ein Auslaufmodell?
Auf der Nordhalbkugel liegt die optimale klimatische Lage für den Weinbau zwischen dem 40. und 50. nördlichen Breitengrad. Südlich von dieser Zone ist es für den Weinbau meist zu heiß und zu trocken, nördlich zu kalt. Damit liegen die größten und bekanntesten Weinbaugebiete Europas in Spanien, Italien, Frankreich oder Portugal. Aber auch in Ländern wie Deutschland oder Österreich wird Wein nördlich der Alpen erfolgreich angebaut.
In Deutschland konzentriert sich der Weinbau auf den Süden. Vor allem an den Sonnenhängen der Flusstäler von Rhein, Main, Neckar oder Mosel wachsen vorwiegend weiße Rebsorten wie Riesling und Müller-Thurgau. Die milden klimatischen Bedingungen dieser Flusstäler eignen sich hervorragend für den Weinbau. Jedoch werden in Deutschland traditionell eher weiße Rebsorten kultiviert. Grund sind die im Vergleich zu Südeuropa regenreichen Sommer und kalten Winter. Für Rotweine höchster Qualitäten sind wärmere Temperaturen und eine trockene Witterung notwendig. Dies ist südlich der Alpen gewährleistet.
Durch den Temperaturanstieg im Zusammenhang mit dem Klimawandel können sich nun die Verhältnisse in Europa verschieben. Die großen Weinbaugebiete Italiens und Spaniens sind einer zu großen Hitze ausgesetzt, die den Weinbau in diesen Regionen perspektivisch gefährden kann. Spanische und kanadische Forscher gehen sogar davon aus, dass hier gut die Hälfte der Weinbaugebiete bedroht ist. Nördlich der Alpen könnten durch wärmere Temperaturen in Zukunft „Rebsorten des Südens“ angebaut werden. In Süddeutschland werden vereinzelt bereits edle Sorten wie Cabernet Sauvignon oder Merlot kultiviert, die ihren Ursprung in den mediterranen Regionen Südeuropas haben. Gelten diese aktuell noch als ausgewählte Spezialität, könnten sie in Zukunft zum Standard werden. Durch höhere Temperaturen kann ein besserer Reifegrad der Trauben und damit eine höhere Qualität der Weine erzielt werden.
Die Weißweinregionen könnten sich weiter nach Norden in Richtung Norddeutschland oder Skandinavien verschieben. Während die traditionellen Weinbaugebiete sehr mit den Klimawandel zu kämpfen haben, profitieren die kühleren Weinbauregionen teilweise sogar davon. Jedoch sind die weitreichenden negativen Folgen der Temperatursteigerung nicht zu unterschätzen.
Herausforderungen im Weinbau durch die klimatischen Veränderungen
Durch den Klimawandel und die damit einhergehenden Veränderungen sind die Winzer aller Regionen gezwungen, die gewohnten Pfade zu verlassen und neue Einflüsse in ihre Arbeit einzubringen. So werden beispielsweise vielerorts Veränderungen bei der Auswahl der angebauten Rebsorten notwendig. Dafür müssen sich die Winzer Wissen und Erfahrungen im Umgang mit diesen Sorten aneignen und erfolgreich anwenden.
In nördlicheren Breitengraden müssten neue Anbaugebiete zunächst erschlossen werden. In diesem Zusammenhang ist zusätzlich eine Infrastruktur rund um die Verarbeitung und Abfüllung zu schaffen, die in den traditionellen Anbaugebieten bereits seit Jahrhunderten Bestand hat. Hier wird perspektivisch ein umfassender Wissenstransfer notwendig.
In Südeuropa hingegen können zwar voraussichtlich vereinzelt Anpassungsmaßnahmen getroffen werden, um einen erfolgreichen Weinbau weiterhin betreiben zu können. In sehr heißen Regionen sind diese jedoch voraussichtlich gar nicht umsetzbar. Ein wirtschaftlich erfolgreicher Weinbau wird hier in Zukunft wahrscheinlich nicht oder nur erschwert möglich sein.
Eine weitere Folge des Klimawandels können neue Schädlinge und Pflanzenkrankheiten sein. In südlicheren Gebieten kann beispielsweise ein Sonnenbrand der Trauben zu erheblichen Ertragseinbußen führen. Andernorts können massive Niederschlagsereignisse zu einem vermehrten Befall mit „Falschem Mehltau“ führen.
Eine vor allem im deutschen Weinbau beliebte Spezialität war seit langer Zeit der Eiswein. Die Trauben hängen dabei zunächst lange am Stock und werden erst bei Frost gelesen und gepresst. Auf diese Weise werden besondere Weine von hoher Qualität gekeltert. Durch die voraussichtlich milderen Winter in Deutschland rückt die jährliche Herstellung des Eisweins jedoch in weite Ferne.
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